Eine kleine Großfamilie und meine ultimativen Überlebenstools

Ich kann es nicht anders sagen: ich bin irgendwie stolz darauf, Mutter einer kleinen Großfamilie zu sein. Oder wie genau muss ich das nun betiteln? Sind vier Kinder schon eine Großfamilie? Ich kenne Familien, da sind vier erst sowas wie der Anfang...

Wie auch immer, in den letzten Jahren bin ich zumindest viermal in den Genuss gekommen, ein Kind auf diese Welt zu bringen und ich habe keine Scheu, mir dafür freundlich auf die Schulter zu klopfen.

Während ich gerade schreibe, bin ich recht stark auf meine Brille, sowie meine Armmuskulatur angewiesen. Der Abstand, den ich aufgrund des im Tragetuch hängenden Babys (= Nr.4) vor mir zur Tastatur habe ist recht groß- mal gucken, wie lange das gut geht. 

 

Diesmal habe ich darauf verzichtet, eine Nachsorgehebamme zu suchen. Im Krankenhaus hatte man nur sehr beiläufig danach gefragt, weil es auch in ihrer Auffassung nicht von Nöten sei...

Ich muss zugeben, kurz war ich verunsichert. Hab ich es jetzt drauf? Immer wieder begegnete man mir dort mit dieser lächelnden Klarheit "Na, was sollen wir Ihnen schon sagen, Sie wissen ja wirklich wie das geht..."

Ja?

Mit jedem Tag wuchs meine eigene Selbstverständlichkeit in dieser Rolle und ich fing an, mich in ihr wohl zu fühlen. Ich hätte das selber so nie beschrieben. Ich hatte Lust, mal völlig auf meine Instinkte und meine Intuition zu hören und ebenso hatte ich Lust, mir das Gesuche nach einer Hebamme zu sparen - das stellte sich immer als sehr mühselig heraus...

...nur deshalb hatte ich keine. Aber ich weiß ganz genau, dass meine Gedanken in den letzten Wochen vor der Entbindung tatsächlich von viel Unsicherheit gefüllt waren. Ich würde nicht behaupten, dass die Tatsache, vier Kinder zu haben, mich so routiniert und selbstverständlich sicher gemacht hat. Das kam erst, nachdem man es mir wieder und wieder zugesprochen hat.

Irgendwie hat das einen Stein ins Rollen gebracht. Ich habe mich immer mehr mit mir als Mutter von vier Kindern auseinandergesetzt und ich habe gemerkt, dass ich tatsächlich einen Erfahrungsschatz von vier Kindern habe. Ganze vier mal drehe ich diese Runde nun in allerhand Konstellationen und Gegebenheiten. Nie war es gleich, nie war ich gleich. Das ist gar nicht so wenig. Und mehr als alles stelle ich fest, dass ich jetzt, wo ich nun mal so auf mich allein gestellt bin, eine große Ruhe und Entspannung habe. Mich beunruhigen unruhige Phasen nicht und ich merke, dass ich auf meinen eigenen Erfahrungsschatz bauen kann. Ich profitiere davon und ich bin so sehr angekommen in dieser Rolle als vierfach-Mama. Angekommen, stolz und total selig.

 

(Kurzer Zwischenstand: Meine Arme werden schwerer... aber noch geht es...)

 

Nichtsdestotrotz ist es trotz all der Ruhe in mir, ganz schön herausfordernd um mich herum. Es wäre ja eine billige Ruhe, wenn sie nur besteht, solange meine Kinder ruhig sind. So viel habe ich bereits gelernt und so tief geht meine Lebensstrategie schon noch. Den Anspruch an meine persönliche Reife habe ich dahingehend unbedingt. Aber jedes Kind hat seine eigenen Bedürfnisse, seine aktuellen Phasen und dann noch der Haushalt, das Kochen und meine Arbeit als Autorin mit ihren Deadlines und dem inneren Treiben an Kreativität...

Es ist nicht unbedingt ein Spaziergang. Mehr so ein Marathon oder so.

 

Folgende vier Punkte habe ich zu meinen eigenen Überlebenstools erklärt. Möglicherweise kann ich ein und die andere Mama (mit egal wie viel Kindern) ein wenig ermutigen.

 

1. Ein schlechter Tag ist vollkommen in Ordnung.

 

Es ist ein Trugschluss, zu glauben, jeder Tag könnte gut sein. Es gibt einfach schlechte Tage dazwischen. Das ist ein Fakt. Und noch viel wichtiger: es ist nicht schlimm!

Es macht nichts, wenn es mal nicht klappt und ich durchhänge. Ich nehme mir das selber nicht übel. Es ist auch in Ordnung, wenn ich selber nicht auf die eigenen oder andere Ermutigungsversuche anspringe. Manchmal ist ein Tag einfach nicht so gut. Kinder sind keine Maschinen und Mütter genauso wenig. Wir funktionieren nun mal nicht immer reibungslos. Und das ist ok so. Nur eines gilt es hierbei unbedingt zu beachten: Den neuen Tag nicht unter dem vorherigen leiden zu lassen.

Wenn ich mir das selber quer nehme und mich mit Verachtung strafe, dafür dass ich "versagt" habe, dann ist das dumm. Einen Tag muss man beenden. Den guten genauso wie den schlechten. Und dann muss man am nächsten Tag neutral von vorne anfangen. Es ist so schade, wenn unter dem schlechten Tag noch die darauffolgenden leiden. Und noch trauriger, wenn alle anderen da mit mir drin gefangen sind. Kann ja keiner was für...

Mit Kindern sind so viele Dinge willkürlich und nicht zu beeinflussen. Jetzt gerade merke ich wieder wie spannend das ist. Von jetzt auf gleich und aus dem nichts kann Stimmung kippen. Ich habe auf so vieles keinen Einfluss, daher sollte ich mir angewöhnen, den Tag schließlich zu beenden. Ich habe keine Garantie, dass der nächste besser wird, aber zumindest gebe ich ihm die Chance. Ich verwehre dem neuen Tag nicht die Möglichkeit gut zu werden - ein bisschen gutgläubig, ein klein wenig liebevolle Leichtigkeit walten lassen. Loslassen, verzeihen und von vorne anfangen...

 

2. Anpassungsfähigkeit ist die Nummer Eins

 

Sehr praktisch gedacht: ich muss meinem Kind alle paar Stunden die Flasche machen. Dieser Hunger baut sich in Sekunden von friedlich schlafen hin zu einem bedrohlichen dem Tode nahen Kampf aus. Das stresst mich. Keine Frage. Ein schreiendes Baby stimmt niemanden ruhig. Es muss also schnell gehen. Das ist schwierig, wenn ich die entsprechenden notwendigen Dinge nicht parat habe. Was tu ich also, um die Situation möglichst schnell und friedlich lösen zu können? Ich passe mich dieser Situation an, indem ich in ruhigen Momenten alles vorbereite, was ich später im Stress brauche. Ich habe das Pulver parat abgefüllt, Flaschen gespült, Wasser startklar... Ich überlasse es nicht dem Chaos und investiere somit in den Stress. Ich passe mich clever den Gegebenheiten an.

Eine andere Situation: ich brauche wohl niemandem erzählen, dass es gar nicht so einfach ist, Momente für mich selber zum Bibellesen und Beten zu finden. An einem Tag, als mein Baby so gar nicht ruhig wurde und nur auf dem Arm etwas in den Schlaf fand, spürte ich mein inneres Defizit genau dieser Ruhemomente. Ich brauchte einen Moment des Auftankens. Also passe ich mich der Situation, wie sie nun einmal ist, an. Ich drehte mit meinem Baby auf dem Arm Runden durch das Zimmer, während  ich gute Musik laufen ließ. Das beruhigte mich und erschuf einen Gottes-Moment für meine Seele. Ich betete und tankte auf, mein Herz atmete tief durch und das alles an einem Tag, der vor Unruhe und äußerem Stress nur so überquoll. Natürlich könnte ich kapitulieren, da der Tag eben so schwer war und ich wieder einmal keine Zeit für mich und ein ruhiges Gebet fand. Aber stattdessen passe ich mich diesem Tag an, nehme das innere Bedürfnis wahr und kombiniere die Dinge. Man braucht ganz viel Flexibilität und dann wird es sehr viel leichter. Mit Kindern darf man sich nicht festfahren und an gewohnten Mustern stur festhalten - da muss man mitgehen und mitleben. 

 

3. Rausgehen

 

Mein Überlebenstool schlechthin. Ich brauche das, so wie ich Luft zum Atmen brauche. Und ich bin der Überzeugung, dass es niemanden gibt, der das nicht braucht. Frische Luft und die Gerüche und Geräusche der Natur. Das kann man mit und ohne Kinder machen. Nicht rausgehen und aufs Handy schauen. Nicht Kopfhörer im Ohr.

Den Kopf frei machen! Naturgeräusche hören. Hinhören! All diese Gerüche einatmen und aufsaugen. Ich brauche das wirklich sehr und es ist gut für mein Inneres und auch für mein Äußeres. Vor allem wenn man als Mama zuhause ist, braucht man den Freiraum draußen. Es ist doch logisch, dass einem die Decke auf den Kopf fällt, wenn man nur drinnen ist - das ist wiederum sehr ungesund. Rauskommen. Kostet kein Geld und bewirkt wahre Wunder. Ich glaube, dass man auch so mancher depressiven Neigung damit entgegen wirkt, wenn man täglich rausgeht.

 

4. Lächeln und weghören

 

Der ultimative Geheimtipp, den ich leider erst jetzt so richtig drauf habe. Ich weiß nicht, warum Menschen im Umfeld immer so viel in das Leben anderer hineinreden. Ungefragt! Vor allem gibt es welche, die meinen, bei Kindern - insbesondere Babys - wäre es notwendig, alles zu kommentieren und mit ihren Ratschlägen um sich zu werfen. Mich hat das so herausgefordert und so gewaltig gestört, ich wusste mir da nicht zu helfen. Am liebsten hätte ich nicht hingehört, aber ich konnte es nicht. Inzwischen geht das. Woran liegt das?

Ich glaube, dass diese Kommentare und Ratschläge meine eigene Unsicherheit attackiert haben. Es hat genau an dem Punkt so getriggert, wo ich selber nicht stabil stand. Nicht dass das Gesagte deshalb Sinn für mich ergab, aber die Tatsache, dass man mich anzweifelte, mein Urteilsvermögen und meine Fähigkeit als Mutter, das reichte völlig aus um mir nachhaltig zu schaden. 

Heute bin ich sicher. Inzwischen vertraue ich meiner Fähigkeit und meiner Intuition. Ich weiß, dass ich das kann und die Leute kommentieren immer noch. Sie wissen immer noch ein Stückchen besser, was gut für mein Kind ist und auch wie das so ganz im Allgemeinen geht, aber heute lächle ich und höre nicht hin. Ich lasse sie reden. Manchmal erlaube ich mir kreative Antworten als amüsante Übung meiner Schlagfertigkeit, aber wirklich machen tut das nichts mehr mit mir. Ich bin nämlich mit mir als Mutter zufrieden und ich vertraue mir. Daher lasse ich mich nicht verunsichern und schon triggert mich das nicht mehr. Lächeln und weghören...

An dieser Stelle möchte ich dir mein Motto weitergeben, das aus genau diesem Frust mal irgendwann entstanden ist. Es ist geboren in meiner Unsicherheit und war der Schlüssel zu einem stetig wachsenden Vertrauen in mich:

"Das ist mein Baby - kann ich machen, was ich will!"

Mein Baby, meine Regeln. Mein Kind, meine Entscheidung. Das ist geniale Kommunikation wichtiger Grenzen. Natürlich dürfen wir nicht resistent für jede Form von Ratschlägen sein. Aber gegen die, die einfach sinnlos kommentieren und beraten wo keiner gefragt hat, bei denen hilft es, wenn ich ganz deutlich erklären kann, wem dieses Baby gehört und dass es mir alleine obliegt, was ich tue und was nicht.    

 

Sicherlich sind das nur meine Erfahrungen und auch nur die Top vier meiner Überlebenstools in dem Anspruch an mich als Mama. Aber mir helfen sie. Das absolut wichtigste ist sowieso die Freude. Dafür entscheidet man sich. Die ist das Portal unserer Kraft und die manchmal entscheidende Veränderung in Familien. Freude steckt an und ist so schön. Für mich selber und für meine Kinder. Hab Freude an deinen Kindern und an deiner Aufgabe. Sie ist so besonders und eh wir uns versehen, ist dieser intensive Teil der Begleitung unserer Kindern vorüber.

 

Sei gesegnet mit göttlicher Freude, die dein Herz füllt und in deinen Einflussbereich überfließt - deine Familie und Kinder.

Sei gesegnet mit Leichtigkeit, die dir das loslassen, vergeben und zulassen ermöglicht.

Sei gesegnet mit Frieden, der größer und stärker ist, als alles was dich umgibt. Der den Umständen trotzt und in deinem Gesicht ein Lächeln hinterlässt - sein Friede ist höher als alles. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0